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  • AutorenbildWolfgang Hackenberg

Warum wir gerade jetzt gelassen und besonnen sein sollten!


Was haben Recep Tayyip Erdoğan und Donald Trump gemeinsam? Nun, viele von uns finden, dass die beiden "gar nicht gehen". Ihr Benehmen ist inakzeptabel. Die Ignoranz des einen und die Hetze des anderen, die stetigen Angriffe gegen unsere Kultur und unsere Werte. Und keiner wehrt sich so richtig dagegen.

Da kommt doch ein Martin Schulz gerade recht, der den türkischen Ministerpräsidenten mit Pegida in einen Topf wirft. Endlich mal einer, der Kante zeigt. Balsam auf die Seele der geschundenen deutschen Seele, die bei Nazi-Vergleichen einfach blutet.

Ja, ich kann nachvollziehen, dass es weh tut. Ich kann nachvollziehen, dass manch einer zornig ist. Und ja, ich verstehe, wenn die Rufe nach Gegenwehr lauter werden. Und nein, das ist definitiv nicht der richtige Weg. Er ist sogar grundfalsch.

Es ist ein Zeichen von Schwäche, in dieser Situation Macht zu demonstrieren, zurück zu schlagen, verbal oder politisch. Der Starke reagiert gelassen und besonnen. Warum ist das so? Und was verbirgt sich hinter den Begriffen?

Beginnen wir mit dem "weh tun". Niemand tut uns weh! Wir sind es selbst, die uns weh tun. Der andere liefert uns nur die Munition. Die Wertung, ob uns etwas weh tut oder nicht, hängt unter anderem von unseren Erfahrungen und unseren Werten ab. Weil wir selbst all das, was im Dritten Reich geschehen ist, nicht gut heißen und uns dafür schämen, reagieren wir hilflos und verletzt auf Behauptungen, wir würden uns Nazi-Methoden bedienen. Wir messen und bewerten stets anhand unserer Werte. Wir achten die Menschenrechte. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Demokratie, Meinungsfreiheit. Das sind doch wir! DAS ist Deutschland heute. Aber der Vorhalt ruft die Generationen-Schuldfrage auf. Und das mögen wir gar nicht. Schuld ist doch etwas, was nur am Handelnden hängt. Und wir können doch nichts dafür, was die Generationen vor uns verbrochen haben. Die Position des Senders solcher Botschaften interessiert uns dabei gar nicht. Was er erreichen will, was er will - es ist uns egal.

Fatal! Denn bei allem Fortschritt ist die Kommunikation immer noch von den archetypischen Bedürfnissen und Grundwerten des Menschen geprägt. Und das weiß ein Erdoğan ganz genau. Er weiß, dass wir uns darüber aufregen und uns angegriffen fühlen. Er beabsichtigt nichts weiter, als dass wir uns wehren. Dass wir uns auf eben jene Ebene des Unterbewusstseins zurück ziehen und hieraus handeln.

Wer emotional aus dem Unterbewusstsein heraus handelt, der zahlt es dem anderen mit gleicher Münze heim und nennt ihn einen Diktator oder einen Verbrecher oder verbindet, wie Martin Schulz dies tat, andere missbilligte Erscheinungen (Pegida) mit dem Angreifer oder geht unter dem Deckmantel der "Satire" noch plumper vor und versucht aus der vermeintlichen Dummheit des Angreifers auch noch Kapital für sich daraus zu schlagen, wie Böhmermann dies tat. Töricht? Gerecht? Angemessen? Wie auch immer, der Sender erreicht sein Ziel und nimmt die Vorlagen gerne auf und spielt sein perfides Spiel weiter. Willkommen in der Eskalations-Spirale. Friedrich Glasl lässt grüßen.

Doch wie verhält man sich nun richtig?

Die Basis für jede Lösung ist die Gelassenheit. Gelassenheit ist eine innere Einstellung, die uns davor bewahrt, emotional zu reagieren. Denn die innere Einstellung prägt unser Verhalten. Wer gelassen ist, ist nicht verletzlich. Den Gelassenen bringen die beschriebenen Verhaltensweisen von Trump und Erdoğan nicht aus der Ruhe. Sein inneres Gleichgewicht ist gefestigt. Die Emotionen gehen nicht mit ihm durch.

Aus dieser Grundhaltung heraus kann man jetzt besonnen agieren (also nicht reagieren). Während die Gelassenheit den emotionalen Aspekt betont, beschreibt die Besonnenheit die rationalen Aspekte, also unseren Verstand. Jetzt können wir uns überlegen, was der andere tatsächlich will, was er braucht und wie man mit ihm umgehen muss, um zu erreichen, was man erreichen will.

Hätte ich das mal früher gewusst, mir wäre Vieles erspart geblieben. Ich hätte unterstützen können, wo der andere Unterstützung gebraucht hätte. Stattdessen habe ich emotional reagiert und die Konsequenzen gezogen. Das war ziemlich dämlich. Immer.

Erdoğan und Trump provozieren. Sie wollen nichts anderes, als dass man ihre Themen diskutiert, dass man reagiert und nicht agiert, dass man emotional reagiert und damit seine Schwäche zeigt und Fehler macht. Sie wollen polarisieren und spalten. Denn die Spaltung bringt ihnen Vorteile. Diejenigen, die sich am Spaltrand befinden, müssen sich entscheiden. Und das tun sie zu Gunsten der beiden Herren, denn deren Werte sind ihnen nun einmal näher als die Werte der westlichen Welt.

Also lasst uns den verbalen Angriffen und Entgleisungen mit Gelassenheit begegnen. Und lasst uns so besonnen sein, mit den Mitteln der Politik nicht den kurzen Moment zu beleuchten und kurzfristigen Effekten nachzujagen, sondern die nächsten Jahrzehnte mit Vernunft zu gestalten. Ich bin der festen Überzeugung, dass vor allem die wirtschaftlichen Fakten auf mittlere und lange Sicht alle anderen Aspekte überlagern werden und die beiden "Ausreißer" ganz von alleine wieder in die Spur kommen oder von der Geschichte geschluckt werden. Wenn aber die Emotionen in den Vordergrund rücken, dann wird es ein finsteres Jahrhundert werden.

Mit einem Augenzwinkern gebe ich euch einen meiner Lieblingssätze mit:

"Ich wollte, ich hätte die Gelassenheit eines Stuhls. Der muss auch mit jedem Arsch klar kommen."

Eine gute Woche für euch alle!


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