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  • AutorenbildWolfgang Hackenberg

Et es, wie et es und et kütt wie et kütt


Der Gipfel der närrischen Zeit ist erreicht und die Leichtigkeit des Seins verdrängt die Müdigkeit und die Trübsal des Winters. Gerade die Rheinländer zelebrieren ihre Lebensfreude und nehmen jeden Tag wie er eben kommt. "Et hät noch immer jot jejange." Bei diesem Motto muss man ja auch nichts fürchten.

Dem gottesfürchtigen Schwaben, für den die Fasnet ein ernster Brauch ist, für den der Narrensprung nicht, wie die Kölner vermuten würden, ein im Karneval zelebriertes Paarungsverhalten ist, sondern ein uraltes Ritual in Rottweil, ist derlei Leichtigkeit fremd. Er hält nichts von leichtsinnigem Frohsinn und schafft lieber. Alles was er tut, folgt einem Plan, denn er hat Ziele.

Im letzten Beitrag tat ich ja den ersten Schritt. Und nun fragt sich, ob man einfach los läuft oder wenigstens eine Planung macht, wie und womit man los läuft oder sich wenigstens fragt: Wohin?

In meinen Schulungen wird immer wieder diskutiert, ob es nicht auch sinnvoll sei, einfach in den Tag hinein zu leben und sich treiben zu lassen. Ganz ohne Ziel! Viele halten nichts von den Übungen, ihre eigene Grabrede zu halten oder die Laudatio auf ihren 75. Geburtstag schreiben zu müssen. Letztere Übung bevorzuge ich übrigens, denn da müssen die Teilnehmer sich vorstellen, dass sie das auch noch hören und aushalten müssen. Obwohl: Kommt überhaupt jemand zum 75.? Auch die Übung mit dem Meterstab, dessen Ende gleichsam das Ende des eigenen Lebens markiert und der dann jäh bei etwa 30-40 cm abgebrochen wird, um zu zeigen, welche Lebensspanne bereits vertan ist und nicht mehr korrigiert werden kann, ist vielen meiner Teilnehmer zu martialisch.

Es ist nicht die Frage, ob es so etwas wie Schicksal gibt. Sondern die Frage, wie ich mein Leben erlebe und erleben möchte.

Es ist völlig legitim, auf das Kölner Grundgesetz zu vertrauen und sich etwaig Fehlendes beim Universum zu bestellen. Wenn man damit glücklich wird, gerne. Aber was ist mit all denen, die nach dem Motto verfahren: "Wenn es nicht bleibt, dann war es auch nicht für Dich bestimmt?" Vergeben sich die so denkenden Menschen nicht etwas? Sind sie nicht zu ängstlich oder gar feige, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen? Ich glaube fest daran, dass man durch eigenes Handeln zumindest einen großen Teil seines Lebens und Er-Lebens selbst steuern kann. Ich wünsche mir, dass die Ängstlichen und Furchtsamen den Mut haben, etwas zu tun. Aufhören, davon zu laufen - irgendwohin, nur eben weg vom Leben mit seinen Höhen und Tiefen. Es ist nichts anderes, als eine Flucht vor sich selbst.

Alles, aber auch wirklich Alles, ist eine Frage der inneren Haltung.

Davon bin ich fest überzeugt. Carol Ryff, eine US-Psychologin, zählt zu den sechs Säulen des Wohlbefindens neben der Selbstakzeptanz, den sozialen Beziehungen, der Autonomie und dem Lebenszweck auch die aktive Umweltgestaltung und das persönliche Wachstum. Es ist in Studien nachgewiesen, dass Glücklich sein sogar positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat und Krankheiten bisweilen verhindert.

Damit lässt sich auch die Eingangsfrage beantworten: Ja, es ist völlig in Ordnung, sich treiben zu lassen. Aber Pläne und Ziel sollte man dabei gleichwohl haben. Und wenn es nur ein Tagesziel ist, oder der Plan, ein paar Glücksmomente zu erhaschen und sie zu konservieren.

Bewusst zu leben, heißt, einen Plan vom Glück zu haben.

Also lauft los und genießt jeden Augenblick, fest entschlossen, glücklich zu sein und zu bleiben.

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